Der Verkehrsunfall

Rechte und Pflichten des Geschädigten bei einem unverschuldeten Verkehrsunfall

Um fast 5 %, auf ca. 2,7 Millionen ist die Anzahl der gemeldeten Verkehrsunfälle zwischen 2015 und 2019 gestiegen. Die Dunkelziffer ist noch weitaus höher, nicht alle Unfälle wurden gemeldet. Dieser Anstieg macht sich nicht nur bei den Autohäusern und Sachverständigen bemerkbar.
Dabei ist in den meisten Fällen nicht die Haftung dem Grunde nach im Streit, sondern regelmäßig werden die Ansprüche der Geschädigten radikal und vor allem rechtswidrig gekürzt. Dieser Artikel soll einen kurzen Überblick über die Rechte aber auch über die Pflichten der Geschädigten bei einem Verkehrsunfall schaffen. Für alle unbeantworteten Fragen nutzen Sie ein Gespräch mit einem Anwalt mit Sachgebiet VERKEHRSRECHT. Gerne helfen wir IHNEN.

Mithaftung? Sofort die Kaskoversicherung einschalten?
Auf keinen Fall! Regelmäßig entledigt sich der Geschädigte durch diesen Schritt einer Vielzahl an Ansprüchen. Gerade bei einer Mithaftung ist es ratsam, den Schadenfall wie einen Haftpflichtschaden, also einem unverschuldeten Unfall, abzuwickeln. Die Vorteile liegen auf der Hand: Der Geschädigte beauftragt einen eigenen Sachverständigen, der ein Gutachten in seinem Auftrag erstellt und nicht die Interessen der Kaskoversicherung vertritt, die naturbedingt möglichst wenig zahlen möchte. Kaskogutachten berücksichtigen in der Regel auch keine Wertminderung. Weiter kann der Geschädigte das Fahrzeug in einer Werkstatt seiner Wahl reparieren lassen, eine Werkstattbindung entfällt. Die gegnerische Versicherung reguliert den gesamten Schaden in Höhe der Haftungsquote, beispielsweise zu 50 %. Die restlichen Ansprüche können dann im Nachgang gegenüber der Kaskoversicherung geltend gemacht werden. Im Rahmen des sogenannten Quotenvorrechts erhält der Geschädigte die vollen Reparaturkosten, die gesamte Wertminderung sowie die entstandenen Sachverständigenkosten. Der Vorteil geht aber noch weiter: die Selbstbeteiligung in der Kaskoversicherung fällt in diesen Fällen nicht an. Die gegebenenfalls eingetretene Höherstufung kann sich der Geschädigte von seiner Versicherung ausrechnen lassen, sodass er diese in Höhe der Haftungsquote von der Gegenseite erstattet bekommt. Lediglich die Mietwagenkosten bzw. die Nutzungsausfallentschädigung sowie die Kostenpauschale werden dem Geschädigten nur in Höhe der Quote gezahlt. Im Hinblick auf die anderen Vorteile fallen diese Kosten jedoch nicht bedeutsam ins Gewicht. Eine genauere Darstellung würde den Rahmen sprengen, kann aber jederzeit im direkten Kontakt gerne erfolgen! Nur beispielhaft Folgendes für eine Haftungsteilung (50/50)

Reparaturkosten 10.000,00 €
Wertminderung 1.200,00 €
Sachverständigenkosten 1200,00 €
Abschleppkosten 1000,00 €
Nutzungsausfall / Mietwagen 900,00 €
Unkostenpauschale 25,00 €

Wendet sich der Geschädigte nur an die gegnerische Haftpflichtversicherung erhält er nur 50 % der Kosten, also 7.162,50€. Nimmt er seine Kaskoversicherung in Anspruch, erhält er lediglich die Reparaturkosten, also 10.000,00 €. Davon wird noch die Selbstbeteiligung abgezogen. Beauftragt der Geschädigte aber einen Fachanwalt und dieser nimmt beide Versicherungen in Anspruch, werden an den Geschädigten 14.325 € ausgeschüttet. Lediglich die Hälfte des Mietwagens/der Nutzungsausfallentschädigung sowie der Kostenpauschale werden nicht ersetzt. Spätestens jetzt wird klar, welchen Spielraum der Geschädigte hat, – vorausgesetzt er wird von einem Fachanwalt für Verkehrsrecht gut betreut.

Wie soll man das alles selber regeln?
Am besten gar nicht. Weder eine Privatperson noch ein Unternehmen verfügt über die entsprechenden Kenntnisse und das Fachwissen die heutigen Verkehrsunfälle vollumfänglich und ohne Verlust abzuwickeln. Die gute Nachricht: Der Geschädigte muss es auch nicht.
Der Geschädigte darf sich anwaltlich beraten und vertreten lassen. Die hierdurch entstehenden Kosten stellen einen ersatzfähigen Schaden dar. Der Geschädigte hat grundsätzlich einen Anspruch darauf, dass ihm sämtliche durch den Verkehrsunfall entstandenen materiellen und immateriellen Schäden ersetzt werden. Die Geltendmachung der Schadenspositionen, also die konkrete Schadensregulierung, wird ebenfalls durch die Rechtsanwaltskanzlei übernommen, was eine deutliche Entlastung für den Geschädigten bedeutet.
Und das Beste: Auch die Rechtsanwaltskosten sind erstattungsfähig, soweit sie erforderlich waren, was grundsätzlich der Fall ist. Selbst wenn sich die gegnerische Haftpflichtversicherung schon bereit erklärt hat, den Unfallschaden zu 100 % zu regulieren, kann der Geschädigte einen Anwalt beauftragen, dessen Kosten zu ersetzen sind. Die Zusage der Regulierung ist lediglich eine Aussage zum Haftungsgrund, aber nicht zur Höhe der Schadensregulierung. Nach einem Verkehrsunfall ist der Geschädigte auch von Anfang an berechtigt, sich der Hilfe eines Rechtsanwalts zu bedienen, es ist nicht erforderlich, den Versicherer vorher in Verzug zu setzen.
Das OLG Frankfurt am Main findet ganz eindeutige Worte: „Auch bei einfachen Verkehrsunfällen ist die Einschaltung eines Rechtsanwalts als erforderlich anzusehen. Angesichts der immer komplizierter werdenden Rechtsprechung zur Erstattungsfähigkeit von Schadenspositionen, zu Mietwagenkosten und Stundenverrechnungssätzen, ist es geradezu fahrlässig, einen Verkehrsunfallschaden ohne Einschaltung eines Rechtsanwalts abzuwickeln. In der Regel reicht ein Telefonat mit dem Anwalt aus, um die gesamte Schadenabwicklung an diesen abzugeben.“

Anwaltliche Beratung auch für Fuhrparks und Autohäuser
Nicht nur der Geschädigte ist heutzutage mit der Fülle der Rechte und Pflichten regelmäßig überfordert. Auch Unternehmen mit dazugehörigen Fuhrparks können oft nicht abschätzen, welche Ansprüche ihnen konkret zustehen. Zwar wird hier die Wertminderung in der Regel der Leasinggesellschaft zustehen, jedoch entstehen auch dem Unternehmen Schäden in Form der Nutzungsausfallentschädigung oder Vorhaltekosten. Gegebenenfalls ist der fahrende Mitarbeiter verletzt, sodass die Lohnfortzahlung bei der gegnerischen Versicherung zu regressieren ist. Auch bzw. besonders für diese Unternehmen ist eine anwaltliche Vertretung dringend angeraten. Der Anwalt kann seine Kosten für die Abwicklung abrechnen. Der eingesetzte Mitarbeiter im Fuhrpark muss die Abwicklung mühsam und vor allem ohne finanzielle Entschädigung durchführen. Im schlimmsten Fall werden dann auch noch entscheidende Schadenpositionen mangels Fachwissen nicht geltend gemacht.
Die Autohäuser und Werkstätten sehen sich vermehrt erheblichen Angriffen und sogar Betrugsvorwürfen durch Kfz-Versicherungen ausgesetzt. Immer wieder werden Rechnungspositionen ausgebucht, da der Aufwand für die Nachforderung nicht im wirtschaftlichen Verhältnis steht. Auch diese Arbeiten sollten einem Fachanwalt überlassen werden, der Autohäusern und Werkstätten mit seinem Fachwissen zur Seite steht und ihre Interessen durchsetzt. Dieser berät sicherlich auch dazu, warum Reinigungskosten und Probefahrten nicht zwangsläufig gratis unter Servicegesichtspunkten erfolgen müssen und warum der Arbeitsaufwand für die Hilfestellung bei der Besichtigung durch den Sachverständigen selbstverständlich berechnet werden kann.

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